Antike Städte an jeder Ecke
Wer sich an dieser Küste mit einer Gulet auf eine Blaue Reise begibt und nach den Ursprüngen unserer Kultur fragt, wird überraschende Entdeckungen machen. Verstreut über die mal rostrote, mal ockerfarbene Landschaft, zwischen silberflirrenden Olivenbäumen, verdorrten Disteln und wuchernder Macchia, stehen die zerborstenen Marmortrümmer einer längst vergangen Zeit.Es gibt kaum einen Hafen oder Ankerplatz, an dem nicht eine historische Lichtgestalt zur Legende geworden ist - vom großen Thales über König Mausolos bis zu unserem Heiligen Nikolaus. Überall werden Geschichten über liebestolle Götter, kampflustige Amazonen, feuerspeiende Ungeheuer, herkulische Helden und in ihren Rüstungen schwitzende Kreuzritter erzählt.
König Midas war ein Dummkopf
König Midas zum Beispiel, der den Göttern einen Dienst erwiesen hatte, wünschte sich als Lohn, dass alles, was er mit den Händen berühre, zu Gold werde. Die Götter lachten sich ins Fäustchen und sogleich waren nicht nur Tisch und Thron aus Gold, sondern auch alle Speisen und Getränke. Er wäre sicher am schieren Gold verhungert, hätte nicht Dionysos, der Gott des Weines (der bei Teos, Nähe des heutigen Sigacik, seinen Tempel und seine Fangemeinde pflegte), ein Einsehen gehabt und ihn durch ein Bad im Fluss Paktolos von diesem Fluch befreit.Im Legendenbuch der kleinasiatischen Küste stehen unter anderem die Sage vom Goldenen Vlies und den seefahrenden Argonauten, die Ballade von der unglücklichen Hero und ihrem kläglichen Leander, der Gesang vom listenreichen Odysseus, dem Trojanischen Pferd und dem Fall der Stadt, die Story vom sprichwörtlich reichen Krösus und die von Xerxes, der das Meer mit Ketten auspeitschen ließ, weil es ihm eine Schiffsbrücke davongetragen hatte.
Der Mythos von der feuerspeienden Chimäre, die noch heute Nacht für Nacht in einer Höhle bei Myra faucht, und von Typhon, dem Vater der Taifune - sie alle haben hier an der Küste ihren Ursprung. Vor Halikarnassos, dem heutigen Bodrum, soll Alexander der Große in einer Glaskugel auf den Meeresgrund getaucht sein. Und nicht weit entfernt, im hinteren Teil des Gökova Golfes, hat die ägyptische Königin Kleopatra mit ihrem Bräutigam Mark Anton auf einer kleinen Insel an einem Korallensand gebadet, obwohl es im ganzen Mittelmeer keine Korallen gibt - der Sand wurde vom roten Meer extra für sie herbeigeschaffft. Noch heute ist er zu bewundern.
Im Revier der Blauen Reise haben so berühmte Leute gewohnt wie Homer, Hippokrates, Herodot, Polykrates, Pythagoras, König Mausolos, Paulus, der Heilige Nikolaus, die Johanniter - um nur einige zu nennen, und jede Menge Spuren hinterlassen: Troja, Pergamon, Ephesus, Priene, Milet, Didyma, Iassos, Myndos, Halikarnassos, Knidos, Kaunos, Telmessos, Letoon, Xanthos, Patara, Antiphellos, Myra, Olympos, Phaselis, Termessos, Aspendos, Side und Alanya.
Wer nicht nur reist, um in der Sonne zu liegen, sondern auch noch Lust und Phantasie hat, die Schauplätze der alten, verwehten Geschichten zu besuchen, der sollte auf einer Gulet anheuern - mit Freunden oder der ganzen (Groß)Familie - und sich von Wind und Meer zu all den Buchten und Häfen wehen lassen, auf denen die Geschichten einst stattgefunden haben.
Reist man bequem und komfortabel an dieser lichtumtosten Küste, hat man manchmal Lust, das Ruder seines Schiffes zu schultern, die Berge zu übersteigen und landeinwärts zu wandern. Zu den Legenden und Tuffsteinhöhlen Kappadokiens, den Kalksinter-Terrassen bei Pamukkale, zu Kamelkämpfen und wirbelnden Derwischen, zu den Göttern am Nemrutdag oder tief in die Wälder, in denen noch vor wenigen Jahren Bären lebten. Die Türkei ist ein faszinierendes Reiseland.